Neuwerk und die Ziegelei

Neuwerk um 1920

Das Jahr 1857 hat in der Geschichte unseres Ortes eine besondere Bedeutung. In diesem Jahr zog die Industrie in Gehrden ein. Am 25. August 1857 kaufte der Kaufmann Victor Ludwig Wrede aus Berlin als Geschäftsführer der neu zu errichtenden Rübenzuckerfabrik Neuwerk von dem Erbzinsmüller Johann Heinrich Conrad Engelke die Spehrsmühle mit den dazu gehörenden Ländereien von 7 Morgen und 102 Ruten nebst dem recht, das Wasser des Spehrsbaches und der im Stollen entspringenden Quelle zu benutzen. Der Kaufpreis betrug 5.500 Thaler.

In einer Anzeige im Hannoverschen Courier vom 19. August 1857 wurden die Teilnehmer (Aktionäre) aufgefordert, die beiden ersten Raten ihrer Aktien einzuzahlen. Jede Aktie lautete über 500 Thaler. Das Aktienkapital betrug 300 000 Thaler.

alte Werbeanzeige der Zuckerfabrik Weetzen

Im Februar 1859 waren die Fabrikgebäude mit der Inneneinrichtung und die Wohnhäuser fertiggestellt.

1883 verkaufte der Vollmeier Witte 5 ½  Morgen auf der Bünte gelegenes Land an Neuwerk zwecks Anlage des großen Wasserteiches. Der Kaufpreis betrug 13 200 Mark.

Die Einwirkung der neuen Anlage auf die Zusammensetzung der Bevölkerung blieb natürlich nicht aus. Die Volkszählungspapiere des Jahres 1864 verzeichnen zum ersten Mal die neue Bevölkerungsklasse des Fabrikarbeiters.

73 Haushaltungen mit 222 Personen, das sind 15 % der gesamten Einwohnerzahl, hatten ihre Existenzgrundlage bei der Zuckerfabrik. Darunter waren 65 Fabrikarbeiter.

Im Jahre 1930 wurde das wirtschaftliche Leben Gehrdens schwer getroffen durch die Stillegung der Zuckerfabrik.

aus: Werner Fütterer – Gehrden – Vom Flecken zur Großgemeinde, Gehrden 1991, S.86



1913 - Zuckerfabrik Neuwerk

Die Ziegelei wurde im Jahr 1872 von den Brüdern Carl und Friedrich Seemann in Wennigsen gegründet. Das Material lieferte der Kreideton der unteren Kreide des Gehrdener Berges, der aber durch Zusatz von Lehm und Sand gemagert werden mußte.

Von dem anfänglichen Handbetrieb ging man bald zum Maschinenbetrieb mit einem kleinen Ringofen über. Friedrich Seemann schaffte in den neunziger Jahren größere Arbeitsmaschinen und 1892 den großen Ringofen mit einem Fassungsvermögen von 175 000 Normalsteinen an. Diese wurden bei einer Temperatur von 900 – 1 000 Grad gebrannt. Die Brennzeit mit Anwärmen, Hochbrand und Abkühlen dauerte 10 – 12 Tage. Das Feuer beschickte ein selbsttätiger Schüttelapparat über dem Ofen mit Siebkohle.

Während des 1. Weltkrieges ruhte die Fabrikation. Nach dem Kriege begann die Gehrdener Ziegelei als einzige in dem damaligen Landkreis Linden den Betrieb aufs neue. Die Jahresproduktion betrug 4 000 000 Steine. Im Jahre 1951 übernahm Albert Metje die Gehrdener Ziegelei, die 1958 weitgehend mechanisiert und elektrifiziert wurde. Die Fertigung ist 1967 eingestellt und der bereits 1955 begründete Baustoffhandel wurde weiter ausgebaut.

aus: Werner Fütterer – Gehrden – Vom Flecken zur Großgemeinde, Gehrden 1991, S.86

 

Ziegelei - Foto um 1939 - auf dem See im Vordergrund befand sich sogar ein Ruderboot
1960 - eine alte Anzeige der Ziegelei Albert Metje

Der Vollständigkeit wegen sollten wir nicht vergessen, dass die Ziegeleien in früherer Zeit wesentlich zu dem gewerblichen Ertrag des Calenberger Landes beitrugen. Erst später hatten neue Bauverfahren besonders im städtischen Bauwesen die Ziegelbauweise abgelöst. Die Handarbeit des „Ziegelstreichens“ war unwirtschaftlich geworden. Existierten um die Jahrhundertwende (1900) noch 42 Ziegeleien im Calenberger Land, vermochte man 60 Jahre später nur noch ein einziges Unternehmen dieses Gewerbezweiges in diesem Bezirk zu nennen: nämlich die Seemannsche Ziegelei in Gehrden, die vor 1945 jährlich über 3 Millionen Mauersteine herstellte. Mit dem Rohstoff des Kreidetons des Gehrdener Berges, unter Zusatz von Lößlehm und Sand.
Die alte Egestorffsche Ziegelei, zwischen Empelde und Bornum gelegen, stellte übrigens schon um 1900 ihren Betrieb ein. Auf ihrem Hof hatte sich (seit 1861) die „Zündhütchenfabrik“ eingerichtet. 1903 wurden der Brennofen und der Schornstein der Ziegelei abgetragen. Aus den Steinen wurden, wie es heißt, der Saalanbau der Gastwirtschaft Oehlers und das Wedekindsche Haus in Empelde errichtet.




Ziegelei um 1956 - links unten der Weg, auf dem die Loren direkt von der 'alten Badeanstalt' kamen.
Ein schönes Foto der Ziegelei mit dem See davor.
Sprengung des Schornsteins im Jahre 1996

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