Türmchen
Am 8. August 1909 hatte Bürgermeister Freitag nach langwierigen Vorbereitungen eine Versammlung einberufen, um die Freiwillige Feuerwehr Gehrden zu gründen. 34 Männer stellten sich unter dem Motto "Einer für Alle und Alle für Einen" für diese Aufgabe bereit. Als erster Hauptmann wurde damals der Schmiedemeister Christian Eike (Bild rechts) gewählt.
Das Spritzenhaus befand sich am Steintor. Im Jahr 1910 wurde dieses Gebäude mit einem Schlauch- und Steigerturm versehen, in dem Schläuche zum Trocknen aufgehängt werden konnten und das Anstellen und Erklimmen von Leitern insbesondere zu Rettungs- und Löscheinsätzen geübt werden konnte. Die im Gebrauch befindliche Handdruckspritze wurde weiterhin benötigt. Eine Elektro-Spritze sollte eine technische Verbesserung bringen, die 1912 angeschafft wurde, aus Gründen der Materialknappheit während des Ersten Weltkrieges allerdings ohne Motor. 1928 wurde endlich die erste Motorspritze in Dienst gestellt (siehe Foto unten). Ein Löschfahrzeug war noch nicht vorhanden. Dieses kam erst 1942, als nach Luftangriffen in Hannover und Hildesheim viele harte Einsätze zu leisten waren.
Im Jubiläumsjahr 1959 wurde der Wehr ein modernes Löschfahrzeug mit Vorbaupumpe übergeben. Dabei erwies sich das kleine und veralterte Spritzenhaus als ungünstig, denn das neue Fahrzeug passte gerade so hinein.
1962 zog die Feuerwehr in das 'neue' Gebäude auf der anderen Seite der Kreuzung um.
Im Jahr 1976 eröffnete dann die Gaststätte Türmchen, die sich zu einem beliebten Lokal entwickelte.
Treffpunkt netter Leute
Das war wirklich etwas Neues in Gehrden und im Umland, im Jahr 1976. Jahrzehntelang war für viele Männer der Besuch ihrer Stammkneipe ein selbstverständlicher Teil ihres Alltagslebens. Doch das war langsam Vergangenheit. Die klassische Eckkneipe hatte ausgedient.
Die Lebensweise der Menschen hatte sich verändert, und die Gastronomie musste darauf reagieren. Das tat die neue Gaststätte. Einer der Eckpunkte des neuen Konzeptes des „Türmchen“ war die Ausrichtung auf einen erweiterten Gästekreis. Die neue Atmosphäre sprach auch die Frauen an. Und noch weitere Gestaltungsaspekte waren zu erkennen.
Schon die Architektur des Gebäudes war einladend, das nostalgische, kleine Gemäuer mit dem gemütlichen Rundbogen versprach bereits von außen Gemütlichkeit. Auch die Innengestaltung ging in diese Richtung. Auf einer geringen Grundfläche mit einer überschaubaren Sitzplatzanzahl waren diese kommunikativ geschickt angeordnet. Die Sitzbänke waren mit Stoff überzogen, die Wände nett getäfelt und die Beleuchtung heimelig gedämpft. Also alles ganz anders als die bekannten Kneipen mit den abwischbaren Stühlen und den PVC-beschichteten Tischen. Selbst das Knallrot der Fliesen in den Sanitärbereichen hob sich extrem ab von den dunklen Klos der bisherigen Kneipen.
Die völlig neue Atmosphäre schuf eine angenehme, vertraute, gemütliche Umgebung und unterschied das Lokal völlig von der Konkurrenz. Hinzu kam eine ansprechende Werbung: großflächige Zeitungsanzeigen, ein eigener Slogan („Treffpunkt netter Leute“), Autoaufkleber, eigene Streichholzschachteln, ein auffällig beklebter Kleinstwagen und publikumswirksame Gaststättenaktivitäten wie das Auftauchen von Brauerei-Pferdegespannen, - all das führte dazu, dass über die neue Kneipe gesprochen wurde. Und „Mund-zu-Mund-Propaganda“ ist ja bekanntlich die beste Werbung.
So etablierte sich die neue Kneipe sehr schnell und hatte einen Publikumszulauf, der in heutigen Zeiten einfach unvorstellbar erscheint.
Eine große Feier 1977 – Das „Türmchen“ hatte Geburtstag
Im Jahr 1977 war es dann soweit: Zum 1-jährigen Bestehen des „Türmchen“ (Eröffnung war am 4. April 1976) war eine große Feier angesagt. Besitzer Walter Meyer spendierte dazu 100 Liter Freibier. Allerdings musste man sich damals sehr beeilen, um noch etwas davon abzubekommen, da innerhalb einer knappen Stunde die komplette Menge in durstigen Kehlen verschwunden war.
Der „Treffunkt netter Leute“, so der damalige Werbeslogan, war wieder einmal bis auf letzten Stehplatz besetzt. Man wunderte sich immer wieder, wieviel Leute in einem Raum von nur 25 qm Platz fanden. Dazu jeder noch mit einem Kaltgetränk in der Hand, das von der Theke aus immer über alle Köpfe durchgereicht, zielgenau seinen Adressaten fand. Man durfte sich natürlich nicht darüber wundern, seine Füße ab und zu über unter denen seines Nachbarn zu finden, oder aber einen Schluck Bier über den Ärmel zu bekommen, aber das nahm eh keiner übel.
Für die Zeitung war damals der 1-jährige Geburtstag ein gegebener Anlass zu einem Interview mit dem Besitzer Walter Meyer.
Zeitung: Herr Meyer, wie sind Sie auf die Idee gekommen, aus dem ehemaligen Feuerwehrgerätehaus eine Gaststätte zu machen?
Walter Meyer: Als gebürtiger Gehrdener fand ich es sehr bedauerlich, dass dieses historische Gebäude, das einst mit viel Liebe zum Detail erbaut wurde, nach und nach verfiel und immer unansehnlicher wurde, so entwickelte sich in mir der Gedanke, es in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Da so ein Vorhaben natürlich mit beträchtlichen Kosten verbunden ist und der Etat der Stadt Gehrden (die Eigentümerin des Gebäudes) eine Renovierung derzeit nicht zuließ, musste ich als Geschäftsmann eine kommerzielle Nutzung des Gebäudes mit einbeziehen. Bei den Überlegungen, die mir zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten von insgesamt 48 qm zu nutzen, war der Ausbau zu einer Gaststätte das Naheliegendste.
Zeitung: Wann fassten Sie diesen Plan?
Walter Meyer: Das war schon ca. 3 Jahre vor der Eröffnung im Jahre 1973. Allerdings verzögerten verwaltungstechnische Schwierigkeiten, die speziell bei Eröffnung von Gaststätten auftreten, den Baubeginn.
Zeitung: Die Renovierung ist optisch so gut gelungen, dass viele meinen, das „Türmchen“ sei das Wahrzeichen Gehrden’s, war das ihre Absicht?
Walter Meyer: Es war meine Absicht, das alte Feuerwehrhaus so originalgetreu wie möglich zu restaurieren. Dazu wurden alte Farbproben analysiert, woraus sich die heutige Farbzusammenstellung ergab. Der verwitterte Sandsteinsockel und –Bogen wurde durch eine Sandstrahlbehandlung in den ursprünglichen Zustand gebracht und anschließend versiegelt.
Zeitung: Wer das trostlose Innere des Gebäudes vorher sah, fragt sich, wie es möglich war, einen derart optimalen Innenausbau zu schaffen.
Walter Meyer: Obwohl ich aus dem Fach (Innenausbau) bin, machte mir die Aufteilung dieses kleinen Raumes, unter Einhaltung der gesetzlichen Auflagen der Gaststättenaufsichtsbehörde, ziemliches Kopfzerbrechen. Von den 48 qm Gesamtfläche entfiel fast die Hälfte auf sanitäre Einrichtungen, Küche, Kühlraum und die dazugehörigen Aggregate. So wurden der Tresen und die Tische so konzipiert, dass trotz allem noch 32 Sitzplätze und ca. doppelt so viele Stehplätze zur Verfügung stehen.
Zeitung: Sie haben das „Türmchen“ unter das Motto „Treffpunkt netter Leute“ gestellt. Entspricht die bisherige Entwicklung Ihren damaligen Vorstellungen?
Walter Meyer: Üblicherweise setzt sich der Besucher einer Gaststätte an einen freien Tisch und vermeidet den Kontakt zu anderen Gästen, dies trifft auf Jung und Alt gleichermaßen zu. Meine Vorstellung lief darauf hinaus, ein Lokal zu schaffen, in dem reservierte Distanz gar nicht erst aufkommen kann. Bedingt durch die räumliche Enge kommt man sich hier, ob gewollt oder ungewollt, etwas näher. Ich glaube, den Geschmack des Publikums hiermit getroffen zu haben, da das „Türmchen“ bis heute gut besucht ist.
Zeitung: Herr Meyer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen für die Zukunft viel Erfolg.
Die Inhaber/Pächter des „Türmchen“
Während des 40-jährigen Bestehens der Gaststätte „Türmchen“ gab es folgende Inhaber:
- Walter Meyer (Eröffnung 4. April 1976)
- Andreas Waiblinger (ab Juni 1990)
- Horst Greubel (ab Oktober 2002)
- Torsten Germerott (ab Ende September 2006)
- Christina Rybatzki (seit Ende März 2007)