Waldschlößchen
Es umschwebt noch heute, über 40 Jahre nach der Schließung, ein Hauch des Geheimnisvollen das ‚Waldschlößchen’ mit der dazugehörigen ‚Räuberhöhle. Von rauschenden Festen ist die Rede, von wilden
Partys, zünftigen Umtrunken, aber auch von gemütlichen Runden.
Legendär der Wagenpark vor der Tür zu Zeiten der Hannover-Messe und zahllos die Geschichten und Anekdoten über die ‚Räuberhöhle’ bei den älteren Gehrdenern.
Besitzer des ‚Waldschlößchen’ und der ‚Räuberhöhle’ war die ‚Institution’ Fritz Löchner (1907 – 1969), der die Gaststätte weit über die Grenzen Gehrdens bekannt machte.
Das Bild auf der Karte von 1895 wurde von dem damals sehr bekannten hannoverschen Fotografen Karl Friedrich Wunder (1849 - 1924) aufgenommen, der in der 'Friedrichstrasse' in Hannover ein 'photographisches Atelier für Portraits, Reproductionen, Architectur und Landschaften' besaß.
In verstaubten Zeitungen fand das Waldschlößchen bereits Erwähnung
aus: Baugewerks-Zeitung von 1900:
Waldwirthschaft in Gehrden bei Hannover.
Maurermeister Fr. Krull in Gehrden.
Um dem von Hannover aus nach hier wachsenden Fremdenverkehr und den sich immer mehrenden Sonntagsausflüglern eine genügende Unterkunft und Bewirthung zu schaffen, gab der Gastwirth Löchner in Gehrden
vor einigen Jahren dem Maurermeister Fr. Krull daselbst den Auftrag, ihm eine Waldwirthschaft mit allen der Neuzeit entsprechenden Einrichtungen zu entwerfen. Diese Waldwirthschaft ist auf dem
Gehrdener Berge mitten im Walde an herrlich gelegener schattiger Landstraße vom Maurermeister Fr. Krull nach den hier angeführten Zeichnungen ausgeführt worden.
Um diesem Gebäude, das auf dem Berge lag, eine Anlage zu geben, auf welcher man die schöne Aussicht genießen konnte, sind auf den beiden Vorderseiten Terrassen angelegt. Ebenso befindet sich auch
noch vor dem Gebäude eine große geräumige Veranda, welche nur aus Holz ausgeführt worden ist. Um der jungen Welt Gelegenheit zu geben, sich des Tanzes zu erfreuen und um größere Gesellschaften und
Konzerte im Winter veranstalten zu können, ist ein großer Saal angelegt worden.
Die Eintheilung der Innenräume ist aus den Grundrissen zu ersehen.
Der Bau ist außen geputzt. Die Terrassenmauern sind aus Kalkbruchsteinen dieser Gegend hergestellt. Die innere Ausstattung ist der äußeren entsprechend gestaltet, und zwar besteht dieselbe
hauptsächlich aus Holztäfelung an den Decken und Wänden, die auch durch Trinksprüche geschmückt sind.
Die Beleuchtung der Räume geschieht durch Acetylenlicht.
Zu dieser Zeit erschienen sehr viele verschiedene Lithographien vom Waldschlösschen, teilweise noch dazu mit verschiedenen Beschriftungen.
Auf den Ansichtskarte oben ist neben dem „Waldschlösschen“ auch der „Felsenkeller“ zu sehen. Er wurde 1855 erbaut. In dieser „Höhle“ am Rande des Gehrdener Berges an der Großen Bergstraße wurde
das Eis, das in kalten Wintermonaten in Blöcken aus dem Brauereiteich gesägt wurde, eingelagert. Für die Kühlung, die die Gehrdener Gaststätten, insbesondere für das Bier, benötigten, wurde das
Eis dann bei Bedarf wieder herausgeholt. Wann der Felsenkeller und der Brauteich angelegt wurden, ist nicht überliefert.
Der „Rathskeller“ zahlte beispielsweise im Jahr 1911 für die Miete im Felsenkeller 32 Mark, für das Eis schlugen 70 Mark zu Buche. Zum Vergleich: Eine Köchin des „Rathskellers“ verdiente damals
monatlich 50 Mark.
Hausmeister- und Waschhaus des Waldschlößchens (siehe auch Schriftzug ‚Pferdestall’). Es stand gegenüber dem Waldschlößchen und wurde um 1970 abgerissen.
Der Weg führt direkt zum ‚Berggasthaus Niedersachsen’ und wurde im Winter als Rodelbahn genutzt
Im Werbeprospekt wirbt das Waldschlößchen mit den Zeilen:
Und hier im Freien ganz apart,
von ganz besondrer Eigenart,
lockt voller Reiz in buntem Glanze
die schöne MARMORFLÄCHE uns zum Tanze !
Bereits 1949 war im Waldschlößchen Stimmung angesagt. Zum 5. November 1949 luden Fritz Löchner mit Frau mittels diese Karte zum "1. Nacht-Hausball" ein. Die Kapelle Eddy Krug spielte zum Tanz und Uschi Lüder sorgte für Humor und Stimmung. Der Eintritt, einschließlich Tanzgeld, kostete 2.00 DM.
Die Kapelle Eddy Krug erhielt damals übrigens für die musikalische Begleitung 120 DM. Die Truppe war auch weitgereist, andere Arragements hatten sie in Lage, Wehmingen, Lemgo, Göttingen...
Die Rodelbahn
Die Gehrdenerin Helene Krull erinnert sich (1999)
Wir hatten eine wunderbare Rodelbahn Es war der Weg am Waldschlösschen vorbei hoch zum Berggasthaus Niedersachsen. Viele fuhren Bob, andere Schlitten. Viele Hannoveraner kamen mit ihren
Rodelschlitten an den Gehrdener Berg. Hauptsäch-lich sonntags waren die Straßenbahnen voll mit Ausflüglern und Rodlern. Nicht alle kamen, um Sport zu betreiben. Viele wollten nur zuschauen. Die
Randwege standen voll von Schaulustigen, die den Rodlern tüchtig Beifall spendeten.
Zur Anlage der Rodelbahn und ihrer Betriebsfähigkeit wurde sehr viel getan von den Freunden des Wintersports. Mehrere Sportler waren freiwillig bereit, schon am Vor-mittag eventuelle Fehlstellen an
der Bahn auszubessern und „frischen“ Schnee anzu-fahren. Abends war die Bahn beleuchtet. Dies hat der Wirt vom Waldschlösschen – Räuberhöhle – übernommen.
Auch unser Arzt, der in der Nähe wohnte, war sonntags immer zu erreichen. Es pas-sierten leider auch viele Unfälle (Knochenbrüche).
Manchem Bob gelang die Fahrt bis in die Hornstraße. Gefährlich war es an der Kreuzung am „Kleinen Weg“ (heute griechisches Lokal). Dort war ein gemauerter Schacht für die Kanalisation. Für den
Schlitten, der in die Kanalisation sauste, war die Fahrt zu Ende.
Dicht an der „großen Bahn“ lag auch die „kleine Bahn“, wo wir Kinder hinunter saus-ten. Es war der Brink, wo es früher zu dem Zeltplatz (Festplatz) bei dem Lokal Wald-schlösschen hoch ging.
Bei viel Rodelbetrieb auf der großen Bahn wurde es gefährlich, weil sich die große und die kleine Bahn am unteren Ende kreuzten. Die kleine Bahn wurde später stillge-legt. Der Aufgang zum Festplatz
mit Sträuchern bepflanzt. Wir Kinder suchten Ersatz an anderen Stellen, am Burgberg zum Beispiel oder am Sandkuhlenweg – heute Hindenburgstraße.
Die Räuberhöhle